Die Küste
Die fast 95 km lange sandige Küste der Camargue erstreckt sich vom Grau du Roi bis nach Fos-sur-Mer. Ihre Windungen und ihre variable Breite zeugen von einer starken Erosion, die durch den Mistral und das Mittelmeer verursacht wurde. Die Dünen von Beauduc im Osten und die von Espiguette im Westen bieten große Sandstrände, die bis zu einem Kilometer breit sein können. Zwischen diesen beiden Landzungen neigen die Strände von Saintes-Maries-de-la-Mer und Salins de Giraud dazu, sich zurückzuziehen, da sie den Angriffen des Mittelmeers ausgesetzt sind. Durch die Meeresvorstöße wurden an einigen Stellen „Graus” geschaffen: schmale Wasserwege, die die innere Lagune mit dem Meer verbinden.
Der berühmte Strand von Espiguette
Er ist zweifellos einer der schönsten Strände des Mittelmeers. Er erstreckt sich über 18 Kilometer und ist ein völlig unberührtes Naturgebiet. Er besteht aus weißen Dünen, die für Wüsten charakteristisch sind und an einigen Stellen eine Höhe von bis zu 12 Metern erreichen können. Er beherbergt eine Fauna und Flora, die dieser sandigen, sehr trockenen und salzigen Umgebung standhalten können. Der Anstieg des Meeresspiegels gefährdet jedoch diese Dünen. Der Mensch versucht, sie mit Hilfe von „Ganivelles” (Holzpfahlzäunen) zu festigen und zu schützen. Der Strand von Espiguette wird von Touristen und Einheimischen gleichermaßen wegen seiner traumhaften Größe und Wildheit geschätzt. Er gleicht einem Stück Wüste, das am Ende der Welt verloren gegangen ist.
Lagunen und Salzwiesen
Die Lagunen der Camargue bestehen aus zahlreichen flachen Salzwasserteichen, die auf natürliche Weise miteinander und über Gräben mit dem Meer verbunden sind. Sie befinden sich hauptsächlich südlich des Étang du Vaccarès. Unter dem Einfluss des Windes unterliegen die Lagunen starken Schwankungen des Wasserstands und des Salzgehalts. Der Mistral (Nordwind) treibt das wenig salzhaltige Wasser des Étang du Vaccarès in die Lagunen und verringert so deren Salzgehalt. Weht hingegen der Marin (Südwind), begünstigt er das Eindringen von Meerwasser in die Teiche, wodurch deren Salzgehalt steigt. Im Sommer trocknen einige Lagunen teilweise aus und machen Platz für die Sansouïre am Rand der Teiche. Diese im Herbst rot leuchtenden Steppen sind arm an Flora. Nur wenige salzliebende Pflanzen wie Queller oder Strandflieder (auch Meereslavendel genannt) können sich dort entwickeln. Die geringe Tiefe der Lagunen hat zur Entwicklung einer bedeutenden Artenvielfalt beigetragen. Sie dienen zahlreichen Meeresfischen wie Doraden oder Aalen als Kinderstube und Stelzvögeln wie Flamingos als Nahrungsgebiet.
Die Meersalzgewinnung
Seit der Antike wurden die Lagunen nach und nach umgestaltet. Heute sind es vollständig künstlich angelegte Lebensräume: Die Gewässer wurden geometrisch neu gestaltet und ihr Wasserhaushalt für die Meersalzgewinnung reguliert. Man unterscheidet zwei Arten von Becken: Salinen und Salzbecken. Salinen sind flache Vorkonzentrationsbecken (30 bis 50 cm tief), die durch Pumpen mit Meerwasser gefüllt werden. Sie werden im Frühjahr und Herbst trockengelegt. Während Wasserpflanzen dort selten sind, kommen Algen reichlich vor und bieten somit eine Fülle an Nahrung für viele Vögel und Stelzvögel. An die Salinen schließen sich die Salzbecken an, in denen die Kristallisation und die Ernte des Salzes stattfinden. Während der Trockenzeit lagert sich das Salz dank der kombinierten Wirkung von Wind und Wärme ab. Aufgrund des sehr hohen Salzgehalts dieser Becken beschränkt sich die Flora auf die Rotalge Dunaliella salina und die Wasserfauna auf das kleine Krebstier Artemia salina. Die Vermehrung dieser beiden Arten färbt das Wasser dunkelrosa. Der hohe Carotingehalt ihrer Pigmente ist auch für die rosa Färbung des Gefieders der Flamingos verantwortlich, da Artemia salina die Grundlage ihrer Ernährung bildet.
Teiche und Schilfgürtel
Teiche nehmen 25 % der Fläche der Camargue ein. Der größte davon ist der Vaccarès mit 6.500 Hektar. Sie werden durch die „Roubines”, die Bewässerungskanäle der Rhône, mit Süß- oder sehr salzarmem Wasser gespeist und sind flach (maximal zwei Meter tief). Die Teiche spielen eine wichtige Rolle für das Ökosystem der Camargue, da sie sowohl Brut- und Rastplatz für viele Zugvögel als auch Lebensraum für Flamingos sind. Im Winter kommen Tausende von Enten hierher, um sich auszuruhen, und viele Vögel, wie zum Beispiel der Purpurreiher, kommen hierher, um zu brüten.
Die Süßwassersümpfe sind dicht bewachsen. Sie sind hauptsächlich von Schilf überwuchert, das sich am Rande der Teiche spontan entwickelt und diese mitunter vollständig bedeckt. Sie werden daher Schilfgürtel genannt. Eines der größten Schilfgebiete Europas befindet sich an den Ufern der Teiche von Scamandre, wo es seit Jahrhunderten auf einer Fläche von fast 3.000 Hektar wächst. Das Schneiden des Schilfs, das als „Sagne” für die Dächer traditioneller Häuser verwendet wird, ermöglicht den Erhalt und die Verjüngung des Schilfgürtels.